Derzeit werden häufig die Hartz-IV-Anträge von nichtdeutschen EU-Bürgern abgelehnt mit Hinweis auf den sogenannten „Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen“ bzw. wegen § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II. Doch wenn das Jobcenter die Leistungen ablehnt, können Sie sich oft erfolgreich wehren mit einer Klage und einem Eilverfahren vor dem zuständigen Sozialgericht.
Das SGB II schließt auch EU-Bürger pauschal vom Arbeitslosengeld 2 (sogenanntes Hartz IV) aus, wenn sie nur zur Arbeitssuche nach Deutschland gekommen sind bzw. sich hier aufhalten. Das ist zwar nationales Recht, widerspricht aber gültigem EU-Recht.
Das sehen auch viele Sozialgerichte genauso:
Das Landessozialgericht Chemnitz zum Beispiel „geht davon aus, dass dieser Ausschlusstatbestand [Anm d. Verfasserin: gemeint ist der § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II] gegen höherrangiges Recht, nämlich Artikel 18 und 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bzw. den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 […] verstößt, soweit freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger betroffen sind…“(Beschluss LSG Chemnitz Az L7 AS 965-13 B ER).
Freizügigkeit innerhalb der EU bedeutet, dass die Menschen mit einer Staatsangehörigkeit der Europäischen Union sich in jedem anderen Mitgliedsstaat niederlassen und dort arbeiten dürfen.
Diese Freizügigkeit für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger gilt auch schon, wenn Menschen noch nach Arbeit suchen. Sie beginnt nicht erst dann, wenn die betreffende Person bereits Arbeit gefunden hat. Das heißt, man darf auch in ein anderes EU-Land umziehen, um sich dort eine Arbeit zu suchen. Oft ist das auch notwendig, z.B. um Vorstellungsgespräche wahrnehmen zu können oder vor Ort auf dem Arbeitsmarkt frei Stellen zu recherchieren.
Und dieses Recht gilt eben auch für Menschen, die nicht genügend Geld haben, um sich den eigenen Lebensunterhalt während der Arbeitssuche zu finanzieren. Anderenfalls stünde die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU nur wenigen Menschen finanziell gut gestellten Menschen rein prakitsch gesehen zu. Sie werden genauso behandelt wie Inländer auch und können auch wenn Sie in Deutschland wohnen grundsätzlich das sogenannte Hartz IV bekommen.
Die Agentur für Arbeit und Ihre Jobcenter aber gewähren den betroffenen Menschen aus anderen EU-Staaten die begehrten Leistungen nur, wenn diese sich wehren und ihr Recht über das Sozialgericht einklagen. (Link zur Geschäftsanweisung der Arbeitsagentur)
Die Anweisung ist so zu verstehen, dass gegen EU-Recht verstoßen werden soll und die Leistungen erst dann gewährt werden dürfen, wenn die Behörde das im Einzelfall „schwarz auf weiß vom Gericht“ hat.
Daher mein dringender Rat: Lassen Sie sich anwaltlich beraten und klagen Sie vor dem Sozialgericht, wenn Ihnen Ihr Jobcenter die Leistungen verwehrt, nur, weil Sie EU-Ausländer sind! Es lohnt sich.
Wenn Sie sich einen Anwalt nicht leisten können lesen Sie weiter in den Artikeln über Beratungshilfe, Probleme bei der Beantragung von Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe.
PS: Ich distanziere mich ausdrücklich von den Inhalten der verlinkten Seiten der Bundesagentur für Arbeit. Die dort dargestellte Meinung zum Thema ist falsch und mein Link dient lediglich dazu, hierüber zu informieren.